EU-Förderung: Entwicklung neuer Beschleunigersysteme für Latex-Anwendungen
Der „aktuelle“ Stand der Technik in der Latex-Verarbeitung hat sich seit mehr 50 Jahren hinsichtlich der eingesetzten Vulkanisations-Chemikalien nicht mehr nennenswert verändert. Nach wie vor werden beispielsweise Diphenylguanidin (DPG), Zink-Diethyldithiocarbamat (ZDEC) oder Zink-Mercaptobenzthiazol (ZMBT) eingesetzt.
Allerdings werden aus umwelttechnischen Gründen Rückstände aus der Vulkanisation immer intensiver diskutiert. Das hat mittlerweile zu Grenzwerten geführt, die mit den klassischen Beschleunigern immer schwerer eingehalten werden können.
Im Rahmen eines durch die EU mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projektes wollen wir daher bei Weserland die Eignung alternativer Beschleuniger für die Latex-Verarbeitung untersuchen.
Ziel des Vorhabens ist, auf Basis vorhandener Beschleuniger aus dem Festkautschuk-Bereich neue Vulkanisations-Systeme für die Latex verarbeitende Industrie zu entwickeln, die hinsichtlich der Rückstände im Vulkanisat auch zukünftigen Anforderungen gewachsen sind – und zwar ohne dass es an der Performance in der Verarbeitung mangelt.
Probleme bei den Grenzwerten
- DPG (Diphenyl-Guanidin) enthält Spuren von Anilin, ist giftig und krebsverdächtig
Latexmatratzen für den gehobenen asiatischen Markt sollen, ohne dass ein Grenzwert fixiert ist, „frei“ von Anilin sein. Diese Anforderung ist mit DPG nicht zu erreichen.
- ZDEC (Zink-Diethyldithiocarbamat) gilt als krebsverdächtig wegen flüchtiger Nitrosamine
Von IKEA (mit ca. 20 Prozent Marktanteil am Latexmatratzen-Markt der größte Anbieter) wird in Anlehnung an die Vorgaben des „Eurolatex Eco Standard“ ein reduzierter Emissionswert von maximal 0,5 µg/m³ (Eurolatex 1,0 µg/m³) flüchtigen Nitrosaminen gefordert. Im Gegensatz zum Eurolatex-Grenzwert lässt sich dieser kaum noch mit konventionellen Beschleuniger-Systemen realisieren.
- ZMBT (Zink-Mercaptobenzthiazol) ist allergieauslösend durch Spuren von 2-MBT
Derzeit gibt es noch keine gesetzliche Regelung über 2-MBT-Rückstände in Latexschaum. Wegen des diskutierten allergenen Potenzials hat die CADS (Cooperation at DSI) allerdings einen Grenzwert von 100 mg/kg festgelegt. Einzelne Unternehmen des Verbandes fordern bereits einen Grenzwert von 10 mg/kg. Bereits ein Grenzwert von 100 mg/kg ist jedoch nur durch Vermeidung von ZMBT (als Lieferant des 2-MBT) zu erreichen.
Was der Markt fordert
Nur in geringem Umfang und mit Einschränkungen sind durch alternative Ersatzrohstoffe, etwa dem Einsatz ZBEC (Zink-Dibenzyldithiocarbamat) anstelle von ZDEC, bzw. durch geschickte Prozessführung und nachgeschaltete Waschprozesse sind die geforderten Grenzwerte einzuhalten. Und es ist zu erwarten, dass auch in Zukunft die Grenzwerte für problematische Rückstände immer strenger werden. Der Grund sind klare Vorgaben aus unserem Kundenkreis, die (richtigerweise) eine geringere Belastung für Mensch und Umwelt fordern, die aber eben aktuell verwendete Systeme nicht (mehr) erfüllen.
Tatsächlich gibt es noch keine Lösung auf dem Markt für die beschriebenen Problemkreise. Die derzeit verwendeten Beschleuniger sind in verschiedenen Geschäftsbereichen der Latex-Verarbeitung trotzdem in die Diskussion geraten – denn der Markt erfordert es.
Im Fokus des beantragten EU-Projektes ist es daher, auf Basis alternativer Beschleuniger-Systeme, kritische Rückstände im fertigen Produkt (Latexmatratze, Formteile für Orthopädie- und Schuhindustrie, Teppichrückenbeschichtung, Tauchartikel) zu verringern beziehungsweise ganz zu vermeiden, ohne dass die bestehende Anlagen-Technologie auf Kundenseite umfangreich modifiziert werden muss.