Nachhaltige Industrieprozesse: ERP-Systeme als Schlüssel zur Ressourceneffizienz
Die chemisch-pharmazeutische Industrie steht vor der Herausforderung, nachhaltige Industrieprozesse zu implementieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Mit einem CO2-Ausstoß von 38,9 Millionen Tonnen allein im Jahr 2020 trägt die Branche erheblich zu den Gesamtindustrie-Emissionen in Deutschland bei. Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) entwickeln sich dabei zur zentralen Technologie für die systematische Reduktion von Emissionen und die effiziente Nutzung von Ressourcen.
Die EU-Klimaziele fordern eine Verringerung der Treibhausgas-Emissionen um 55 Prozent bis 2030 gegenüber 1990. Für energieintensive Branchen bedeutet dies eine fundamentale Transformation ihrer Geschäftsprozesse. ERP-Systeme fungieren als digitale Drehscheibe, die sämtliche Unternehmensprozesse von der Produktionsplanung über die Lieferkettenverwaltung bis zum Nachhaltigkeits-Reporting integriert.
Digitale Optimierung von Produktions- und Lieferprozessen
Moderne ERP-Lösungen ermöglichen durch intelligente Planungs- und Forecast-Anwendungen die präzise Abstimmung von Produktionsmengen auf tatsächliche Bedarfe. Überproduktionen, die wertvolle Ressourcen binden und kostenintensive Lagerung oder Vernichtung nach sich ziehen, werden systematisch vermieden. Maschinelles Lernen unterstützt dabei die Prozesssteuerung zur Minimierung von Ausschuss.
Die vorausschauende Wartung durch „Predictive-Maintenance“-Module analysiert kontinuierlich Mess- und Produktionsdaten. Algorithmen prognostizieren potenzielle Störungen, bevor sie auftreten. Dies verlängert die Lebensdauer von Anlagen und optimiert deren Auslastung – ein direkter Beitrag zur Ressourcenschonung.
Transparente Warenflüsse schaffen die Grundlage für nachhaltige Industrieprozesse und Beschaffungsstrategien. Fossile und nachwachsende Rohstoffe lassen sich von der Gewinnung bis zur Verarbeitung lückenlos zurückverfolgen. Die systematische Erfassung aller Lieferkettenakteure ermöglicht die gezielte Auswahl von Zulieferern mit geringem CO2-Fußabdruck.
Infrastruktur und Compliance als Nachhaltigkeitsfaktoren
Cloud-basierte ERP-Systeme reduzieren den Energieverbrauch durch zentralisierten Betrieb in effizienten Rechenzentren. Die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen vermeidet redundante Kapazitäten. Energieeffiziente Rechnerarchitekturen wie ARM-Prozessoren und die optimale Auslastung von Rechenleistung tragen zusätzlich zur Stromersparnis bei.
Digitale Dokumentenmanagement-Module eliminieren papierbasierte Prozesse. Von Bestellungen über Angebote bis zu Rechnungen (Stichwort „Digitale Rechnung“) erfolgt die gesamte Dokumentenverwaltung elektronisch. Der digitale Rechnungsversand ersetzt den ressourcenintensiven Postweg und reduziert den Verbrauch von Wasser, Energie und Chemikalien in der Papierherstellung.
Die seit 2024 geltende EU-Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden macht ERP-Systeme unverzichtbar. Als Datenbackbone liefern sie die erforderlichen Informationen für die CO2-Bilanzierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Spezialisierte CO2-Managementsoftware-Module dokumentieren Emissionen rechtskonform und schaffen Transparenz für interne Optimierungen wie externe Berichtspflichten.
Die Integration von ERP-Systemen in die Nachhaltigkeitsstrategie chemisch-pharmazeutischer Unternehmen verbindet ökologische Verantwortung mit ökonomischer Effizienz. Die systematische Digitalisierung von Prozessen reduziert nicht nur den ökologischen Fußabdruck, sondern steigert gleichzeitig die Rentabilität durch optimierte Ressourcennutzung.
Quelle: Fachzeitschrift „Chemie Technik“
Foto: Gatherina
