Phosphor-Recycling: Nachhaltige Ressourcengewinnung aus Klärschlamm ab 2029
Die Gewinnung von Phosphor aus kommunalem Klärschlamm wird ab 2029 für Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen verpflichtend. Diese Entwicklung markiert einen wichtigen Schritt zur nachhaltigen Ressourcennutzung, da die natürlichen Phosphorvorkommen begrenzt sind und sich hauptsächlich auf wenige Länder wie Marokko, China, USA und Russland konzentrieren. In Europa existieren lediglich kleine Vorkommen in Finnland und Norwegen. Die Europäische Union hat Phosphor daher als strategisch wichtiges Element eingestuft und fordert ein Phosphor-Recycling aus Klärschlamm, um Ressourcen zu schonen und die Abhängigkeit von Importen aus Krisengebieten zu reduzieren.
Potenzial und Verfahren der Phosphorrückgewinnung
Das Rückgewinnungspotenzial von Phosphor aus Klärschlamm beläuft sich in Deutschland auf 50.000 Tonnen jährlich, was mehr als 40 Prozent des aktuellen landwirtschaftlichen Bedarfs entspricht. Getrockneter Klärschlamm enthält zwischen 2 und 55 Gramm Phosphor pro Kilogramm. Bei einem jährlichen Aufkommen von 1,8 Millionen Tonnen Klärschlamm in Deutschland ergibt sich durch Phosphor-Recycling eine beachtliche Ressource. Ab 2032 wird die Phosphorrückgewinnung auch für kleinere Anlagen verpflichtend. Menschen und Tiere nehmen Phosphate täglich über die Nahrung auf und scheiden sie größtenteils wieder aus. Diese Phosphate finden sich am Ende der Wasseraufbereitung im kommunalen und industriellen Klärschlamm wieder.
Die direkte landwirtschaftliche Nutzung von Klärschlamm als kostengünstige Alternative zu Mineraldüngern wurde weitgehend eingestellt, da dieser neben Phosphor auch bedenkliche Begleitstoffe wie Schwermetalle, Pestizide, pathogene Keime, Arzneimittelrückstände und Mikroplastik enthält. Die Zusammensetzung des Vielstoffgemischs kann je nach Herkunft und Jahreszeit stark schwanken. 2022 wurden bereits über 80 Prozent des kommunalen Klärschlamms thermisch verwertet, die direkte Nutzung als Dünger wird nur noch in Einzelfällen genehmigt.
Technische Verfahren zur Phosphorgewinnung
Die bei der thermischen Verwertung entstehende Klärschlamm-Asche enthält Phosphor in Form schwerlöslicher Verbindungen. Gemäß der neuen Klärschlamm-Verordnung müssen mindestens 80 Prozent des in der Asche enthaltenen Phosphors wiedergewonnen werden. Im einfachsten Fall dient die Klärschlamm-Asche direkt als Düngemittel, sofern die Grenzwerte gemäß der Düngemittelverordnung eingehalten werden. Verschiedene thermochemische Verfahren ermöglichen durch Zugabe von Alkali- oder Erdalkalichloriden bei Temperaturen zwischen 850 und 1000 Grad Celsius eine Abtrennung von Schwermetallen. Die Zugabe von Alkalisalzen verbessert zusätzlich die Pflanzenverfügbarkeit durch Aufschluss schwerlöslicher Mineralien.
Ein alternatives Verfahren nutzt verdünnte Mineralsäuren zum Aufschluss der Asche, wodurch sich ebenfalls die Pflanzenverfügbarkeit der Nährstoffe verbessert. Die Säurezugabe reduziert den pH-Wert und führt besonders bei alkalischen Klärschlämmen zu einer verbesserten Nährstoff-Freisetzung im Boden. Die Kombination mit Stickstoffverbindungen führt durch den Eintrag von Sulfat zu einer biologisch wertvollen Erhöhung des Stickstoff-Schwefel-Verhältnisses. Die entstehende Reaktionswärme wirkt sich positiv auf nachfolgende Trocknungsprozesse aus.
Besonders effizient ist die Gewinnung von Phosphorsäure durch Reaktion der Asche mit konzentrierter Schwefelsäure. Nach der Extraktion und Destillation entsteht eine bis zu 85-prozentige, chemisch reine Phosphorsäure. Die verbleibenden unlöslichen Bestandteile wie Sand, Silikate, Gips, die als Filtrationsrückstand anfallen, können ebenfalls isoliert und als wertvoller Rohstoff für die Zement- und Baustoffindustrie eingesetzt werden. Tatsächlich können entstehenden Produkte verwertet werden.
Quelle: Fachzeitschrift „CAV“
Foto: Hien Phung