Interne Netzwerke: Flammhemmende und hautfreundliche Baumwolltextilien entwickelt
Herkömmliche Textilien enthalten oft Rückstände von Formaldehyd und sind zudem unangenehm auf der Haut. Für Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte ist die Bekleidung jedoch die wichtigste Barriere zu einer potenziell „feindlichen“ Umwelt. Entsprechender Tragekomfort plus Schutzwirkung ist daher zwingend und damit jede Neuentwicklung sehr wünschenswert. Die Schweizer Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa hat dazu ein chemisches Verfahren entwickelt, dass aus einem herkömmlichen Baumwoll- ein schwer entflammbares Gewebe macht, das dabei die hautfreundlichen Eigenschaften von Baumwolltextilien weiterhin behält.
Baumwolle zeichnet sich dadurch aus, dass sie große Mengen an Wasser aufnehmen kann und ein günstiges Mikroklima auf der Haut gewährleistet. Diese Eigenschaften nicht zu verlieren und trotzdem stark feuerfest zu sein, steht im Mittelpunkt der Entwicklung durch die Schweizer. Sie haben es geschafft, dass diese quasi zusätzlichen Eigenschaften durch chemische Modifikationen direkt in die Baumwollfaser eingebaut werden.
Waschbeständige, flammhemmende Baumwolltextilien werden in der Industrie durch die Behandlung des Gewebes mit Flammschutzmitteln hergestellt, die sich chemisch mit der Cellulose in der Baumwolle verbinden. Bis dato werden dabei auf meist auf Formaldehyd basierende Chemikalien verwendet, die zwar langlebig sind, aber dennoch andere Nachteile haben. Die OH-Gruppen der Cellulose werden chemisch blockiert, was die Fähigkeit der Baumwolle Wasser aufzunehmen erheblich mindert, und zu einem unangenehmen Tragegefühl der Textilien führt.
Chemisches Netzwerk in den Baumwolltextilien
Die von Empa entwickelte, neuartige Phosphorchemie kann auch für die Entwicklung anderer Materialien genutzt werden, etwa für die Herstellung von Hydrogelen. Die können so getriggert werden, dass sie gezielt Medikamente auf eine Wunde dosieren und zudem Farbstoffe freisetzen, die die Mediziner auf Probleme aufmerksam macht. Diese Eigenschaften des Prozesse nutzen die Entwickler, um im Innern der Baumwolle ein eigenes Netzwerk zu bilden. Das so entstehende Phosphinoxid-Netzwerk ist auch noch hydrophil und nimmt daher zusätzlich Feuchtigkeit auf. Die flammhemmende Ausrüstung enthält kein Formaldehyd, das vor allem die Textilarbeiter bei der Herstellung gefährden könnte. Und noch ein Vorteil bietet der Prozess: Die Phosphinoxid-Netzwerke waschen sich auch nicht aus – nach 50 Wäschen sind noch 95 % des Flammschutznetzwerks im Gewebe vorhanden.
Foto: tsuguliev